Der hervorstehende Stein über dem Nordportal der Marienkirche
Über dem Nordportal der Heiligenstädter Marienkirche ragt ein behauener Stein aus dem Mauerwerk hervor. Über diesen Stein erzählt man sich folgende Geschichte:
„Während des Kirchenbaus gerieten die Steinmetze mit dem damaligen Pfarrer der Kirche in Streit. Zunächst wollte keine der beiden Parteien nachgeben, aber schließlich siegte doch der Pfarrer. Um sich zu rächen wurde ein Stein so behauen, dass eine Längsseite die Spitze einer Zunge darstellt. Anschließend fügten ihn die Steinmetze ins Mauerwerk ein. Auf diese Weise strecken die humorvollen Steinmetze für alle Zeiten dem Pfarrer und allen seinen Nachfolgern die Zunge heraus.“
Im Scheitel des Tympanons befindet sich eine Figurengruppe; über einer Konsole in Kopfform ist das Bild eines Märtyrers zu sehen, der auf Flammen steht. Über dem Ganzen ist ein gotischer Baldachin angebracht. Vermutlich gehörte der Baldachin zu einem verdrängten gotischen Tympanon. Die Figur scheint zu dem ältesten Teil der Kirche zu gehören, die Kopfkonsole stammt aus jüngerer Zeit.
Das Nordportal wurde laut einer Inschrift im Jahre 1792 in der Barockzeit umgestaltet. Das innere Profilglied wurde weggeschlagen, um dem heutigen Türgewände Platz zu machen. Am Portal sind noch Reste von einer Halterung der ehemaligen Vorhalle zu sehen, die zur Annenkapelle führte.
Quelle: Walter Rassow – Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Worbis, „Der Hahn auf dem Kirchturm“ – Rudolf Linge 1978 - Bild: © Thomas Schuster