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Christoph von Griesheim
Eine Überlieferung aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges berichtet von Christoph von Griesheim und die Schweden:

Oberamtmann des Eichsfeldes war seit Mai 1635 Heinrich Christoph von Griesheim. Er hatte schon in Diensten des Landgrafen von Hessen-Darmstadt gestanden und auch General Tilly gedient. Man hatte ihm wichtige Gesandtschaften an den französischen Königshof übertragen, die er zur größten Zufriedenheit seiner Auftraggeber ausgeführt hatte. Es wird von ihm gesagt, dass er eine unglaubliche Entschlossenheit in den verzweifeltsten Lagen und einen unerschütterlichen Mut in den größten Gefahren gezeigt habe. Einen wichtigen Dienst tat er dem Eichsfeld nach seinem Amtsantritt dadurch, dass er mit den benachbarten Städten Eschwege, Allendorf und Witzenhausen übereinkam, sich ruhig zu verhalten, wenn die Österreicher unter dem General Hatzfeld keine Feindseligkeiten verüben würden. Seinen geschickten Verhandlungen mit den Österreichern gelang es, alle Feindseligkeiten zu vermeiden.

Im Januar 1637, als der schwedische Oberst Hans Wachtmeister mit viertausend Pferden nach Heiligenstadt kam und ein weiteres Regiment teils in der Stadt, teils in der Umgebung einquartierte, um dort den Winter zu verbringen, zog sich Griesheim auf das Schloss Gleichenstein zurück, um von diesem verhältnismäßig sicheren Ort aus die Geschicke des Eichsfeldes zu leiten. Die schwedischen Soldaten verhielten sich nicht ruhig in ihren Winterquartieren, sondern durchstreiften die Dörfer des Eichsfeldes, um die eigene, gewiss nicht sehr reichliche, Versorgung aufzubessern. Verständlicherweise gab es bei diesen Streifzügen für die Bevölkerung reichlich Grund zur Klage und Beschwerde, die dem Oberamtmann vorgetragen wurde, Dieser ließ also den Schweden sagen, sie sollten in ihren Quartieren bleiben, andernfalls müsste er ihren wilden Zügen ein Ende machen. Die Schweden, die sich als die Herren im Lande fühlten, lachten über solch eine Drohung und führten ihr wildes Spiel weiter.

Griesheim, der ihnen eine Lektion erteilen wollte, überfiel mit der Besatzung des Gleichensteins und den aufgebrachten Bewohnern eines Dorfes eine solche herumstreifende Horde, nahm den Soldaten alles Beutegut ab und jagte sie von dannen. Dieser Überfall erboste die Schweden sehr, sie fühlten sich in ihrem „Recht” behindert. Die Offiziere riefen auf Grund dieses Überfalls die eichsfeldischen Landstände zusammen und drohten ihnen mit Gefangenschaft, dem ganzen Land aber mit Feuer, falls die Reiter ihre Sachen nicht wiederbekämen. Inzwischen waren die Winterquartiere aufgehoben, und das Gros der Soldaten war abgezogen. Die Vertreter der Stände hatten noch immer Furcht vor der Drohung der Schweden und wurden bei Griesheim vorstellig, der Forderung der Schweden nachzukommen.

Der Oberamtmann ließ sich darauf nicht ein, sondern ließ der Heiligenstädter schwedischen Besatzung ausrichten, falls sie nicht umgehend abziehen würde, wollte er mit ihnen ebenso verfahren wie mit ihren Kameraden. Man lachte zwar über den Ton, den der Oberamtmann anschlug, doch traf man gewisse „Vorkehrungen“. Es wurde Anweisung gegeben, dass jeder Soldat seinen Quartierwirt umbringen und die Stadt anzünden solle, wenn ein Angriff zu befürchten sei oder die Annäherung eines Feindes bemerkt würde. Wenige Tage später, am hellen Nachmittag um drei Uhr, überfiel Griesheim tatsächlich die Stadt, und die Schweden, die sich absolut sicher fühlten, wurden gefangengenommen. Zeit zur Gegenwehr hatte man ihnen nicht gelassen.

Der schwedische Kommandant war über diesen Streich sehr aufgebracht und wollte sich durch eine List rächen. Er ließ das Gerücht verbreiten, man zöge ab und würde später wiederkommen. In Wirklichkeit wollten die Schweden noch in derselben Nacht in die Stadt eindringen und den Oberamtmann gefangen nehmen. Wieweit die Stadt dabei in Mitleidenschaft gezogen worden wäre, kann man sich leicht ausmalen. In der bezeichneten Nacht setzte unerwartet noch einmal große Kälte ein, so dass der Überfall nicht ausgeführt werden konnte. Es heißt, dass acht schwedische Soldaten erfroren, achtundzwanzig weiteren seien Hände und Füße erfroren, und niemand sei imstande gewesen, die Waffen zu führen. Diese plötzlich hereinbrechende Kälte dürfte den Oberamtmann und die Stadt gerettet haben.
© Thomas Schuster Heiligenstadt
Bis 1632 hatte sich Heiligenstadt dank seiner Wehranlagen, dem Stadthauptmann Johann Zwehl (damals noch nicht geadelt) und der Kontribution von 2825 Taler an Herzog Christian von Braunschweig behaupten können. Bis zum Westfälischen Frieden in Münster und Osnabrück, an dessen Ergebnis der Mainzer Kurfürst und Erzkanzler erheblich beteiligt war, wurde das Eichsfeld mehrfach durch schwedische und kaiserliche Truppen geplündert und gebrandschatzt.

Bis zum Stichtag 1624 galt: Cuius regio, eius religio. Zu Deutsch: wessen Gebiet, dessen Religion oder im damaligen Sprachgebrauch „wes der Fürst, des der Glaub“. Damit war das Eichsfeld zum Ende des Krieges von den protestantischen Ländern Thüringen, Hessen und Braunschweig eingeschlossen.     

1640 war der königlich schwedische Kammerrat Johann Osius, Generalauditor sowie Direktor des Eichsfeldes und der Grafschaft Hohnstein. Unter seinem Befehl und dem des Oberst Johann von Plettenberg, der Kommandant von Duderstadt und dem Eichsfeld war, sollten die Schweden sich mit der Bannerschen Armee in Thüringen verbinden. Johan Banér war ein Feldmarschall und Oberbefehlshaber der schwedischen Truppen. In der Stadt blieb nur eine Notbesatzung unter dem Vogt vom Rusteberg.
 
Schon zwei Stunden später drangen die kaiserlichen Truppen in die Stadt ein und wollten den schwedischen Vogt gefangen nehmen. Durch das Eingreifen des Rektors Pater Albert Böving wurde der Vogt im Kolleg versteckt und konnte so dem Tode entrinnen. Beim Eintreffen des schwedischen Heeres sollte ein Jesuit gefangen genommen werden. Doch der Vogt setzte sich für das Kolleg und den Pater ein, da sie ihm das Leben gerettet hatten. Soldaten einer anderen Gruppe plünderten allerdings das Gebäude und schossen auf die Jesuiten.

„Die zweite Plünderung erfolgte am 21. Juli. Diese war weit beträchtlicher, weil alles aus der Kirche Unserer Lieben Frau (Marienkirche), wohin die Bürger ihre besten Sachen gebracht hatten, wie auch aus dem Kollegium die vorrätige Frucht, Kleider und das Kirchengeschirr auf Wagen weggeführt wurde. Nach 4 Tagen kamen dieselben Truppen zurück und fingen zum dritten Mal zu plündern an, worin ihnen doch von den nachkommenden Offizieren noch Einhalt geschah.“
„… Am 27. November fielen mehr als 200 Weimarsche Reiter ganz wütend in die Stadt und versetzten durch Rauben und Morden alles in Schrecken; sie erbrachen die Schulen, gingen auf die Jesuiten mit Pistolen und Säbeln los, und rissen ihnen die Kleider vom Leibe. … Der Verlust war diesmal sehr groß, weil die Räuber das beste bisher versteckte Kirchengeschirr gefunden und mitgenommen haben.“
„Die fünfte Plünderung geschah am 15. Dezember; dabei wurden einige Bürger verwundet und einige sogar ermordet.“

Im August 1647 lagerte Generalleutnant Wrangel mit seinem Stab und 4.000 Soldaten 2 Tage in Heiligenstadt. Er führte die schwedische Armee aus Thüringen an die Weser. Am 28. Oktober kam er auf der Flucht nach Heiligenstadt zurück. Er wurde vom kaiserlichen General Holzapfel verfolgt. Nach dem Westfälischen Frieden war eine hessische Kompanie unter Rittmeister Aschenberg in Heiligenstadt einquartiert, die bis zum 29. September 1650 blieb. „Diese Truppen, welche sich mit der gewöhnlichen Verpflegung nicht begnügten, fielen den Wirten zu größter Last, nichts zu sagen von allerlei Forderungen, die ihr Herr, der Landgraf, an die Eichsfeldischen Stände noch machte.“

Die Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges waren noch im Jahr 1650, also 2 Jahre nach dem Westfälischen Frieden, im Eichsfeld zu spüren. In der Chronik der Jesuiten lesen wir: „Das Jahr gestaltete sich glücklich und voll Segen für das Kolleg, weil anfangs Oktober das ganze Militär vom erlauchten Fürsten Friedrich von Hessen vom ganzen Eichsfelde abberufen wurde.“

Quelle: Rudolf Linge „Der Hahn auf dem Kirchturm“ St. Benno Verlag Leipzig 1978 - Bild: © Thomas Schuster

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