Thomas Müntzers Zeit in Allstedt
Nachdem Thomas Müntzer aus Prag vertrieben worden war, kam er im März 1522 nach Erfurt. Im Sommer desselben Jahres lebte er von Juli bis September in Nordhausen und verbrachte den Winter 1522/23 als Prediger an der St.-Georgen-Kirche in Halle. Zu Ostern 1523 übernahm er schließlich das Pfarramt in Allstedt.
Ab diesem Zeitpunkt predigte Müntzer in der Johanniskirche von Allstedt. Seine leidenschaftlichen und aufrüttelnden Predigten zogen nicht nur die Bewohner der kleinen Stadt an, sondern auch viele Menschen aus der Umgebung – Bauern, Bergleute und Dorfbewohner aus der Grafschaft Mansfeld und dem Herzogtum Sachsen bei Heldrungen. Schon nach wenigen Monaten kamen sonntags bis zu 2000 Menschen von außerhalb, um ihn zu hören. Müntzer entwickelte sich zu einem regelrechten Anziehungspunkt.
Doch der große Zulauf führte bald zu Spannungen mit den Obrigkeiten. Graf Ernst von Mansfeld und Herzog Georg von Sachsen verboten ihren Untertanen, die als ketzerisch angesehenen Gottesdienste in Allstedt zu besuchen. Auch Müntzers eigener Landesherr, Kurfürst Friedrich der Weise, war mit seinen Predigten und deren Folgen nicht einverstanden.
Im August 1524 eskalierte der Konflikt. Müntzer verließ daraufhin Allstedt und ging nach Mühlhausen – seine letzte Wirkungsstätte.

Zu seinem Aufenthalt in Allstedt schreibt Herbert von Hintzenstern:
„Die Zeit, die Thomas Müntzer in Allstedt zubrachte, betrug nur ein Jahr und vier Monate. Sie war die fruchtbarste seines kurzen Lebens. Diese Feststellung müssen wir treffen, wenn wir an seine Schriften und an seine umfangreichen liturgischen Bücher von 1523 denken. Diese wurden nach dem Tode des Verfassers in Erfurt neu gedruckt und bestimmten die Gottesdienstordnung von Gemeinden in Nordthüringen bis ins 17. Jahrhundert.
Wie weit Müntzer schon 1521 von Luthers Grundposition entfernt war, zeigt ein Brief vom 17. Januar an den Bürgermeister der Stadt Neustadt/Orla. Er fühlte sich als Auserwählter Gottes und schrieb – im Anschluß an Jesaja 61,2 und Lukas 4,18 - von sich:
„Der Geist des Herrn ist über mich (gekommen), die Armen zu trösten und die Verlassenen und Kranken gesund zu machen. Darum bin ich gesandt, gleich wie Christus vom Vater gesandt ist.“
Quelle: Herbert von Hintzenstern: „Thomas Müntzer in Allstedt“ - Bild: neue Johanniskirche in Allstedt 2025 © www.schuster-heiligenstadt.de