Siegel und Bullen
Veröffentlicht von Thomas Schuster in Heiligenstadt · Montag 03 Nov 2025 · 2:15
Tags: Siegel, der, Ottonen
Tags: Siegel, der, Ottonen
In Heiligenstadt wurden zur Zeit der Ottonen drei Urkunden ausgestellt, Kaiser Otto II. (973) und König Otto III. (990 zwei Urkunden).
Im Mittelalter diente ein Siegel dazu, schriftliche Vereinbarungen oder Rechtsakte – also Urkunden – zu beglaubigen. Dazu drückte man einen Siegelstempel in ein weiches Material, meist Wachs, später auch Blei (die Päpste verwendeten ausschließlich Blei) und in seltenen Fällen Gold. Ein Siegel war in der Regel rund und wurde entweder direkt auf die Urkunde gedrückt oder an ihr befestigt.
Auf den Siegeln war meist der Kopf oder die Figur des Herrschers abgebildet. Diese Darstellungen waren jedoch symbolisch, man kann daraus also nicht auf das tatsächliche Aussehen der Person schließen. In der Umschrift rund um das Siegel standen Name und Titel des Siegelinhabers. Siegel aus Blei oder Gold nennt man Bullen; sie wurden beidseitig geprägt.
Zur Zeit der Karolinger trugen nur die Herrscherurkunden ein Siegel. Erst unter den Ottonen begannen auch Bischöfe und gelegentlich Herzöge, eigene Siegel zu verwenden. Anfangs nutzte man für den Stempel antike Gemmen oder Münzen und ergänzte in der Umschrift den Namen des Herrschers.
So verwendete etwa Karl der Große für sein Siegel das Bild des römischen Kaisers Antoninus Pius. Später entwickelte man ein eigenes Bildprogramm, das den König aktiv zeigte – etwa als Krieger im Profil oder Halbprofil, mit Schild, Lanze, Kranz oder Krone.
Mit dem Kaisersiegel Ottos I. entstand schließlich ein neuer Siegeltyp, der zum Vorbild für viele europäische Herrschersiegel wurde. Zur Kaiserkrönung im Jahr 962 hatte Otto bereits sein neues Siegel vorbereitet – die Gestaltung war also wohlüberlegt. Verantwortlich dafür war sein Bruder Brun, der die Kanzlei leitete.
Bei der Gestaltung griff man auf Bildmotive aus dem kirchlichen Bereich zurück, wie sie bisher nur bei Darstellungen von Heiligen oder Christus verwendet worden waren. Außerdem entwickelte man ein technisches Verfahren, bei dem der Rand des Siegels leicht erhöht blieb. So wurde das empfindliche Wachsbild besser geschützt – was auch erklärt, warum nur wenige mittelalterliche Siegel bis heute unbeschadet erhalten sind.
Otto III. (980–1002) besaß in seinem kurzen Leben fünf Stempel für Wachssiegel und vier für Bleibullen. Als Kaiser bevorzugte er Ganzkörperdarstellungen.
Ab dem Jahr 998 siegelte er nur noch mit Bleibullen, die erstmals auf beiden Seiten mit Bildern versehen waren – ganz nach dem Vorbild des Byzantinischen Reichs.
Quelle: Eigene Aufzeichnungen – Bilder: Siegel der Ausstellung in Memleben von allen drei Ottonen 2025 © Thomas Schuster Heiligenstadt