Hexenverfolgung in Verden
Veröffentlicht von Thomas Schuster in Niedersachsen · Dienstag 29 Okt 2024 · 3:15
Tags: Verden, Hexenverfolgung, Johanniskirche
Tags: Verden, Hexenverfolgung, Johanniskirche
Im Zeitraum von 1517 bis 1683 fanden in Verden Hexenverfolgungen und Prozesse statt, an der 80 Frauen und neun Männer der Hexerei beschuldigt worden sind. Davon wurden 26 Frauen und 6 Männer verbrannt.
Das jüngste Opfer war die 15jährige (vermutlich nervenkranke) Margarethe Sievers, die Tochter eines Steinhauers, die von den eigenen Eltern angezeigt wurde.
„… Die Tochter des Steinhauers der Stadt wohnte mit ihrem Vater und ihrer Stiefmutter am Mühlentor in Verden an der Aller. Im Januar 1616 hatte sich das Mädchen so gebärdet, als sei sie vom "Teufel leibhaftig besessen" gewesen. Das geht aus Materialien des Vereins für Regionalgeschichte Verden hervor, dem historische Dokumente vorliegen. Ihr Verhalten lässt sich vermutlich auf Epilepsie zurückführen. Doch ihr furchtbares Schicksal nahm seinen Lauf. …
Margarethe Sievers musste mehrfach vor dem Kirchenaltar in Gegenwart der Gemeinde beten und geistliche Psalmen singen, um sich den Teufel austreiben zu lassen. Ihr Zustand habe sich zwar verbessert, doch im August 1616 lief die 15-Jährige von zu Hause weg. Für ihren Vater und ihre Stiefmutter der Beweis, dass der Teufel sie geholt hatte. …
Im September 1616 zeigten sie das Verschwinden ihrer Tochter beim Domkapitel, einem Kollegium von Priestern, an und behaupteten, dass Margarethe schon vor Jahren einen Pakt mit dem Teufel eingegangen sei. Als die 15-Jährige im Januar 1617 im damaligen Fürstentum Lüneburg gefunden wurde, wurde sie zurück nach Verden gebracht und dort verhaftet. Sie musste sich einem peinlichen Verhör unterziehen – der in der Frühen Neuzeit üblichen Folter. Dabei gestand sie, dass der Teufel sie durch "die Luft hinweggeführt" habe, und bestätigte damit die Anschuldigungen ihrer Eltern – Margarethe galt als Hexe.
Die Beweislage schien eindeutig, sodass die Juristen im Februar 1617 zu dem Urteil kamen, die Jugendliche hinzurichten. Weil sie aber noch jung war, entschied man sich für eine "mildere" Methode: "Mit dem Schwerdt vom Leben zum Tode zurichten folgends aber deroselben Cörper anderen zum abschewlichen exempel mit fewer zuverbrennen sei", heißt es in den Dokumenten des Vereins für Regionalgeschichte Verden. Das Mädchen sollte also enthauptet und anschließend verbrannt werden.
Doch das Domkapitel ließ sich Zeit mit der Hinrichtung, denn in vorangegangenen Verhören hatte Margarethe selbst vier adelige Frauen der Hexerei beschuldigt. Eine von ihnen konnte fliehen, die drei anderen wurden verhaftet und der Wasserprobe unterzogen, die sie nicht bestanden. Dabei versenkte man eine über Kreuz gefesselte Hexe in kaltem Wasser und wenn sie schwamm, galt sie als überführt. …
Die angeklagten Hexen wurden dann so brutal gefoltert, dass sie in ihren Gefängniszellen starben. Doch die Gutachter stellten fest, dass der Teufel ihnen den Hals gebrochen haben musste. Das Domkapitel hatte nun Bedenken, der Teufel würde inhaftierten Hexen ins Gefängnis folgen und sie töten. Deshalb wurde die verhaftete Margarethe aus dem Gefängnis "zu errettunge ihrer Seelenheyl und fähligkeit" entlassen und in ihrem Elternhaus angekettet.
Beim peinlichen Halsgericht, der öffentlichen Gerichtssitzung, bei der Margarethe im März 1618 schließlich auch formell zum Tode verurteilt wurde, rief die mittlerweile 16-Jährige laut die Namen der vier adeligen Frauen in die Menge, die sie der Zauberei beschuldigt hatte – erbost darüber, dass die Namen in der verlesenen Urgicht fehlten und dass den Adeligen nicht schon vorher der Prozess gemacht wurde. Margarethe Sievers wurde schließlich vor dem Neuen Tor in Verden am Galgen enthauptet, bevor ihr Körper verbrannt wurde.“
Die schwedische Königin Christina verbot erst im Jahre 1649 die Hexenprozesse, zu deren Königreich nun auch Verden gehörte.
Quelle: https://www.t-online.de/region/bremen/id_100194792/teufelspakt-verden-15-jaehrige-als-hexe-bezichtigt-und-zum-tod-verdammt.html - Bild: Johanniskirche Verden 0492