Heimatgeschichte(n): Die Klus von Hüpstedt
In einer Urkunde wurde „Huppingestede“ am 7. Dezember 1124 erstmals urkundlich erwähnt. 1317 übergab Heinrich von Gleichen das Lehnsrecht an Kurmainz.
Am Dorfrand an der Bergstraße Kreuzung Brunnenweg befindet sich eine kleine schmucklose Kapelle. Über dem Eingang befindet ein Kreuz, darunter eine Inschrift in römischen Zahlen: Ren. A.D. MCMXXXVI (Renoviert Anno Domini 1936). Auf der Rückseite ist noch eine ältere Inschrift vorhanden, die kaum lesbar ist. Vermutlich handelt es sich um das Baudatum der Kapelle. Ich entziffere: T F B H 1732. Über die Klus hat sich folgende Überlieferung erhalten:
„Ein Bauer aus Hüpstedt war eines Tages über Land gegangen. Da der Weg weit und mancherlei zu besorgen war, hatte er beim Fortgehen zu seiner Frau gesagt, daß er voraussichtlich über Nacht ausbleiben würde. Er war aber früher fertig geworden, als er gedacht hatte, und weil er mit der zurückzulegenden Örtlichkeit vertraut war, machte er sich des Abends noch auf den Rückweg. Es war zur Winterszeit. Der Schnee lag sehr hoch. Damals standen an den Straßen noch keine Bäume, und ohne es zu bemerken, war der Mann vom Wege abgekommen. Was sollte er tun?
Der Schnee erhellte nur ganz spärlich die Landschaft. Der Mann stand und horchte. Da vernahm er aus der Ferne Hundegebell. Er ging diesem nach; aber es verstummte bald wieder, und kein Laut war zu hören. Nach kurzer Überlegung entschloß er sich, die eingeschlagene Richtung beizubehalten. Er ging und ging, erreichte aber kein Ziel. Stundenlang war er schon umhergeirrt, und die Mitternacht mochte nicht mehr fern sein. Der Schweiß rann ihm von der Stirn. Er war ganz erschöpft und konnte kaum noch weiter. Seine Ermüdung drängte ihn, sich niederzusetzen, seine Vernunft sagte ihm, daß das bei der herrschenden Kälte sein Tod sein würde. In seiner Not nahm der Bauer seine Zuflucht zur Gottesmutter und gelobte, an der Stelle, wo er das erste Licht erblicken würde, eine Kapelle zu errichten. Dann nahm er alle Kraft zusammen und schritt mutig weiter. Plötzlich sah er ein Licht schimmern.
Da erinnerte er sich seines Gelübdes, und um die Stelle, wo er sich befand, bei Tage wieder ausfindig machen zu können, steckte er seinen Knotenstock in den Schnee. Dann schritt er in der Richtung nach dem Lichtschimmer weiter. Nach kurzer Zeit stieß er auf Häuser, und bald erkannte er trotz der Dunkelheit, dass er in Hüpstedt war. Und es war seine eigene Wohnung, in der das Licht brannte. Als er sie betrat, kam ihm seine Frau entgegen mit den Worten:
„Gott sei Lob und Dank, dass du wieder da bist!“ Der Bauer berichtete von der großen Gefahr, in der er gewesen war und wie er gerettet worden sei. Da sprach die Frau: „Weil du erst morgen zurückkehren wolltest, bin ich mit den Kindern zeitig zu Bett gegangen. Vor einer halben Stunde erwachte ich. Mich erfaßte eine große Unruhe, und ich glaubte dich in Lebensgefahr. Ich erhob mich und zündete das Licht an. Dabei kam mir der Gedanke, es vor das Fenster zu stellen.“ Nachdem die Eheleute Gott und der hl. Jungfrau für die gnadenreiche Hilfe gedankt hatten, gingen sie zur Ruhe. Kaum graute der Tag, so begab sich der Bauer vor das Dorf und suchte nach seinem Gehstock. Dieser war bald gefunden, und als der Sommer ins Land kam, ging der Bauer an die Ausführung seines Versprechens. Er erbaute an der gesagten Stelle die Klus und stellte eine Madonna mit dem Jesuskind darin auf. Zugleich machte er noch eine Stiftung zum Unterhalt der Kapelle.
Als zu Anfang des vorigen Jahrhunderts die Klöster aufgehoben wurden, kam in die Klus noch ein kunstvoll geschnitzter Altar mit der Darstellung des Leidens Christi. Leider ist in den achtziger Jahren das Kunstwerk in Unkenntnis seines Wertes verkauft worden. An seiner Stelle wurde eine Statue der hl. Gertrud aufgestellt, die wegen der in hiesiger Gegend oft auftretenden Mäuseplage vom Volke verehrt wird. An dem Äbtissinstab der Heiligen ist eine Maus angebracht. Alljährlich werden von der Hüpstedter Pfarrkirche aus nach der Klus zwei Prozessionen gehalten.“
Quelle: Thomas Schuster „Eichsfelder Geschichte(n)“ – Band I Eichsfeld) – Bild: Klus im Jahre 2018 © Thomas Schuster Heiligenstadt