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Die Plünderung des Klosters Zella 2/2
Heiligenstadt im Eichsfeld
Veröffentlicht von Thomas Schuster in Eichsfeld · Sonntag 09 Mär 2025 · Lesezeit 3:00
Tags: KlosterZella1525
„… Einige bekamen aber grimmige Gesichter. Dann kam es von weiter hinten aus der Bauernmeute: „Dafür habt ihr uns Jahr für Jahr die Fron abgenommen. Geschuftet haben wir für euch Weibsen hier! Wozu die Abgaben alle, damit ihr schöne Lieder singen könnt?“ Zustimmung kam aus der versammelten Meute. „Los! Lasst euch nicht vom Geschwätz der Nonnen beeindrucken!“ Schon schoben sie gemeinsam vor. Etwas unschlüssig noch, denn Gewalt wollte keiner gegen die Nonnen anwenden. Das bedrohliche Näherrücken und Umkreisen der Äbtissin reichte schon. Mit vorgehaltener Lanze brauchten die Bauern keine Drohungen mehr auszusprechen und erhielten den Schlüssel zum Tor.

Bald stand es offen und die Meute stürmte ins Kloster hinein. Zuerst ging es in das Refektorium und die Klosterküche. Geschirr, Küchengeräte wurden herausgetragen. Ein anderer Trupp ging in die Ställe und führte das Vieh heraus. Dabei gerieten zwei Bauern in Streit darüber, wer wie viel Schweine bekommen sollte.

Ein Wort gab das andere und dann gingen sie aufeinander los. Einige der Klosterarbeiterinnen gesellten sich zu den Bauern und zeigten ihnen, wo sie was finden konnten. Die Schwestern standen in der Kirche und versuchten zu beten. Es gelang ihnen nicht. Ihre Blicke waren suchend, voller Angst. Sie schauten sich gegenseitig fragend an. Dann wurde die Tür vom Kapitelsaal her aufgestoßen und die Bauern standen für einen Augenblick starr im Torbogen. Vor ihnen befand sich das Kreuz Christi. Im ersten Augenblick stockten sie und wichen beim Anblick der aufgeschreckt herüberblickenden oder betenden Nonnen einen Schritt zurück. Dann aber wurden die ersten von hinten in den Kirchenraum hineingeschoben. Und schon brach ein Geschrei unter den Nonnen aus, was die Bauern noch wütender machte. Ein Bauer erhob schon den Dreschflegel, um auf eine Nonne einzuschlagen. Aber er wurde von hinten gehalten: „Lorenz, das tun wir nicht! Wir nehmen uns nur, was wir brauchen! Dennoch wollen wir Christi Gebot achten!“

Der mit Lorenz angesprochene ließ den Dreschflegel fallen und stürzte dann auf den Altar zu. Leuchter, Abendmahlskelche und Monstranzen, Kerzen und selbst die Messgewänder wurden davon getragen. Dann war ein Dröhnen zu vernehmen und es gab einen lauten Aufschlag. Es folgte ein weiterer und noch einer. „Die Glocken!“ sagte die Priorin, die sich in einer Nische der Kirche verbarg. Sie haben nicht einmal mehr Respekt vor der Kirche. „Woher nur dieser Zorn?“ fragte sie die bei ihr stehenden Schwestern. „Wir waren zu lange zu blind für die Not der Menschen. Immer meinten wir, dass alles so bleiben würde, wie wir es kennengelernt haben.“ „Ich glaube, Gott braucht eine Antwort von uns, einen geistvollen und ehrlichen Aufbruch, stark im Glauben und einfach im Leben. Wir müssen wohl wieder von vorn anfangen.“

Die bei der Priorin stehenden Schwestern schauten sie verwundert an. In den frühen Abendstunden verließen die Bauern das Kloster. In der Nacht rief die Priorin zum Komplet in die Kirche. Das Schweigen währte lange. In den Gesichtern stand das Erschrecken. Als sie anhoben zum Singen wurde daraus ein tiefes Klagen. Danach war nichts mehr wie zuvor und bald würde für eine lange Zeit der Chorgesang der Schwestern schweigen.“



Quelle: Dirk Vogel: „Geschichte und Geschichten des Klosters Zella-Friedensspring“ – Bild: Klosterkirche St. Nikolaus Kloster Zella 2022 © Thomas Schuster Heiligenstadt



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