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Die Fürstenpredigt zu Allstedt
Heiligenstadt im Eichsfeld
Veröffentlicht von Thomas Schuster in Zeitgeschehen · Donnerstag 08 Mai 2025 · Lesezeit 3:30
Tags: BauernkriegAllstedtMüntzer
Am 13. Juli 1524 hielt Müntzer in Allstedt seine berühmte Fürstenpredigt – gerichtet an den späteren Kurfürsten Johann den Beständigen und dessen Sohn Johann Friedrich I.

Die „Fürstenpredigt“ war jedoch nicht so von Bedeutung, er durfte noch nicht einmal in der Schlosskapelle predigen. Die Fürsten übernachtetet auf einer Reise in Allstedt und hörten die Predigt beiläufig beim Morgenmahl in der Hofstube mit ihrem kleinen Gefolge an.

„… Zum Thema der Predigt wählte Müntzer den Traum des babylonischen Königs Nebukadnezar II. und dessen Auslegung durch den Propheten Daniel. „Im zweiten Jahr seiner Herrschaft hatte Nebukadnezar einen Traum, über den er so erschrak, dass er aufwachte“ (Dan. 2,1). Da der König sich an seinen Traum nicht mehr entsinnen konnte, ließ er alle Traumdeuter und Wahrsager von Babel zu sich rufen. Diese waren außerstande, ihm die Vision zu deuten. Nur Daniel gelang es mithilfe einer vorherigen Offenbarung Gottes, und er verkündete den Traum: Der König sah eine Statue, deren Haupt, Brust und Arme, Bauch und Lenden, Schenkel und Füße aus unterschiedlichen Materialien waren und vier verschiedene Reiche symbolisierten, die durch einen Stein, der die Macht Gottes darstellt, zerstört wurden. Aus Dankbarkeit über diese wahre Deutung fiel er vor Daniel nieder und dankte seinem Gott. Die Auswahl dieser Bibelstelle bot Müntzer die Möglichkeit, die Prophezeiung Gottes vom Ende der vier Reiche und dem Beginn des fünften, göttlichen Reiches auf seine Zeit zu beziehen und einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Offenbarung Gottes und seiner eigenen Predigt herzustellen. …“

In seiner leidenschaftlichen Rede rief er die ernestinischen Fürsten dazu auf, der Reformation nicht im Wege zu stehen. Gleichzeitig prangerte er die tiefgreifenden sozialen Missstände an – ein Schritt, der kurz darauf zu seiner Entlassung führte. Müntzers Kritik richtete sich jedoch nicht nur gegen die geistliche Obrigkeit unter dem Papst, sondern ebenso gegen die ständisch geprägte weltliche Herrschaftsordnung. Aufgrund seiner radikalen, sozialrevolutionären Vorstellungen und seiner spirituell-mystischen Theologie, die er in zahlreichen kämpferischen Schriften und Predigten zum Ausdruck brachte, distanzierte sich Luther schon zu Beginn des Bauernkrieges deutlich von ihm.

Ort der Fürstenpredigt ist die spätmittelalterliche Hofstube in Allstedt, der authentische Ort dieser denkwürdigen Predigt, ist bis heute erhalten. Müntzer sprach dort über das zweite Kapitel des Buches Daniel, in dem vom Untergang der Reiche dieser Welt und dem Aufstieg der Christenheit die Rede ist. In diesem apokalyptischen Kontext forderte er die Obrigkeit auf, eine aktive Rolle im göttlich inspirierten Erneuerungsprozess der Kirche zu übernehmen – oder andernfalls das „Schwert“ ihrer Herrschaft einzubüßen. Die Rede erschien noch im selben Jahr im Druck unter dem Titel:

„Außlegung des andern unterschyds Danielis, deß propheten, gepredigt auffm Schlos zu Alstet vor den tetigen, thewren herzcogen und vorstehern zu Sachssen durch Thomam Muntzer, diener des wordt gottes. Alstedt MDXXIIII“

Der Druck von Nikolaus Widemar wurde bekannt unter dem Namen „Die Fürstenpredigt“.

Seit März 1523 wirkte Müntzer als Pfarrer an der Stadtpfarrkirche St. Johannis in Allstedt. Hier sah er die Möglichkeit, eine „wahre“ christliche Gemeinde nach dem Vorbild der Urkirche zu begründen. Er führte als erster Reformator einen vollständig deutschsprachigen Gottesdienst ein und entwickelte eine Gottesdienstordnung für Werktage (Evangelisches Kirchenamt) sowie für Sonn- und Feiertage (Deutsch-Evangelische Messe). Die Liturgie zelebrierte er dabei – nach dem Vorbild der frühen Christen – mit dem Gesicht zur Gemeinde. Müntzers Zeit in Allstedt war eine seiner produktivsten Phasen; seine dort entstandenen Schriften hatten großen Einfluss auf den Verlauf der Reformation.

Bereits im April 1524 richtete Müntzer in Allstedt eine eigene Druckerei ein. Die verwendeten Lettern stammten von Wolfgang Stöckel aus Leipzig. Hauptsächlich druckte Nikolaus Widemar seine Schriften – fünf davon erschienen in dessen Werkstatt in Eilenburg, zwei in der Niederlassung in Allstedt.

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Quelle: Eigene Aufzeichnungen – Bild: Schloss in Allstedt 2025 © Thomas Schuster Heiligenstadt



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