Der Bau der Grenze nach 1945
Veröffentlicht von Thomas Schuster in Eichsfeld · Sonntag 09 Nov 2025 · 3:45
Tags: Grenzöffnung, und, Mauerbau
Tags: Grenzöffnung, und, Mauerbau
Nach der Kapitulation Deutschlands am 8. Mai 1945 wurde das Land in 4 Sektoren aufgeteilt. Die Besatzungsländer waren Frankreich, England, die USA und die Sowjetunion. Berlin war eine 4-Sektorenstadt.
Am 5. Juni wurden die amerikanischen Truppen von britischen abgelöst. Straßen werden mit Schlagbäumen geschlossen. Am 4. Juli rücken sowjetische Truppen in Teistungen ein.
In der Tagespresse war zu lesen:
„Warnung! Der die Grenze zwischen russisch und englisch besetztem Gebiet markierende Drahtzaun steht auf russisch besetztem Gebiet. Auf Befehl der Militär-Regierung ist es verboten, sich in der Nähe des Drahtzaunes aufzuhalten. Personen, die diesem Befehle entgegenhandeln, setzen sich der Gefahr aus, von russischen Patrouillen gefangengenommen und in Haft gehalten zu werden.
Duderstadt, den 5. November 1945.
Der Bürgermeister Heckmann“
Am 29. Oktober 1946 wurde der Interzonenpass eingeführt, mit dem die Demarkationslinie legal passieren konnte. Im November wurde mit der Bildung einer „Deutschen Grenzpolizei“ in der SBZ (Sowjetische Besatzungszone) begonnen. Im Juni 1948 wurden in beiden Besatzungszonen eine Währungsreform durchgeführt.
Am 23. Mai 1949 wurde die Bundesrepublik gegründet und am 7. Oktober folgte die Gründung der DDR. Ab Mai 1952 wurde die Grenze endgültig geschlossen und ein 10 m breiter Kontrollstreifen gepflügt.
In der Südhannoversche Volkszeitung vom 30. 5. 1952 lesen wir:
„Dann sammelten sich in Teistungen 23 Traktoren mit Mehrscharpflügen und ackerten rings um das Untereichsfeld einen etwa 10 m breiten Streifen um; mitten durch Weizenschläge, über Kartoffelfelder hinweg, über Weiden und Straßen, ein geradezu grotesker Unsinn. Einer der Traktorenführer rief einem unserer Zollbeamten über die Grenze zu: „Das habt Ihr Eurem Adenauer zu verdanken!“ In gemessenem Abstand von den pflügenden Traktoren sicherte bewaffnete Volkspolizei den reibungslosen Ablauf dieses staatlich befohlenen Flurschadens.“
Die Landwirte litten besonders unter der Entwicklung: Früher konnten sie ihre Felder jenseits der Grenze noch bewirtschaften, doch plötzlich war ihnen der Zugang verwehrt. Besonders das Gebiet um Fuhrbach war stark betroffen – rund 80 % der Felder des Paterhofes waren nun unerreichbar. Insgesamt konnten die Besitzer etwa 135 Hektar Land und ebenso viel Wald in der Fuhrbacher Flur nicht mehr nutzen. Dies zwang zahlreiche berufliche Landwirte dazu, ihre Höfe aufzugeben. Auch Bauern in anderen Grenzdörfern waren unterschiedlich stark betroffen. Die Landverluste hielten sich auf beiden Seiten der Grenze ungefähr die Waage.
Trotz des Ausbaus der Grenzanlagen im Osten kam es immer wieder zu erfolgreichen Fluchtversuchen; so am 31.7.1952 zu einer ersten Massenflucht aus Böseckendorf, als 3 Familien mit ihrem Hausrat auf Pferdewagen und ihrem Vieh nach Immingerode kamen, um der sich abzeichnenden Zwangskollektivierung der Landwirtschaft zu entgehen.
Zu erwähnen ist ein spektakulärer Fall an der Grenze. Ein wegen Konkursvergehens gesuchter Kaufmann aus dem Rheinland versuchte sich in die DDR abzusetzen. Er hatte mit seinem Auto den Schlagbaum bei Gerblingerode schon passiert und - offenbar mit Erlaubnis der östlichen Grenzsoldaten - die Grenzlinie bereits teilweise überfahren, als er von Zollgrenzbeamten durch Schüsse in den Hinterreifen gestoppt und auf bundesrepublikanisches Gebiet zurückgezogen wurde. Erst am 15. Mai 1956 wurde die „Demarkationslinie“ durch „Grenze“ ersetzt.
Ab dem 16. November 1957 führte die DDR den Namen „Staatsgrenze West“ ein und ab dem folgenden Monat wurde das Passgesetz geändert. Jeder, der ohne gültige Erlaubnis die Grenze passieren wollte, galt als Republikflüchtling und wurde mit Gefängnis bestraft. 1958 wurden die Sperranlagen verstärkt und schwere Waffen wie Schützenpanzer und Geschütze eingesetzt. „Freiwillige Helfer“ – sogenannte Grenzhelfer wurden eingesetzt, um die Bevölkerung zu überwachen und die Polizei zu unterstützen. 1960 wurden Hundelaufanlagen (z.B. Sonnenstein und Teistungen) und Stolperdrähte installiert.
Der Bau der Mauer begann in der Nacht vom 12. auf den 13. August 1961, als die DDR-Regierung die Sektorengrenze zu West-Berlin abriegelte, um die Flucht von DDR-Bürgern in den Westen zu verhindern. Die Absperrung bestand anfangs aus Stacheldraht und Barrikaden und wurde im Laufe der Zeit zu einer massiven Grenzanlage mit Betonwänden, Wachtürmen und einem Todesstreifen ausgebaut. Das war der Beginn der kompletten Abschirmung.
Quelle: Stadt Duderstadt: "Die Grenzen im Eichsfeldes" und Eigene Aufzeichnungen – Bild: Grenzmuseum Asbach-Sickenberg Zaunbau 1952 Fotografie Thomas Schuster