Aus dem Archiv: Wandertipp: Diesmal zur Burg Scharfenstein
„Mit dem ersten Amselschlag kündigt sich auch der nahende Frühling an. Nun ist auch für uns die Zeit des Wanderns gekommen. Burg Scharfenstein - so lautet das Wanderziel. Zwei Möglichkeiten von Wanderwegen gibt es, um die Burg am Nordhang des Düns zu erwandern, einmal von Heiligenstadt durch das Erbetal oder durch das Dachstal. Für die Wanderung durch das Dachstal haben wir uns entschlossen.
Zunächst gehen wir ein Stück durch die Dingelstädter Straße bis zur Revierförsterei Dün. Hier weist ein Schild am Gartenzaun unseren Wanderweg - ein roter Querstrich - mit Entfernung 12 km. An den Südhängen des Düns steigen wir langsam bergan. Durch Hochwald führt der schmale Wanderpfad bis zur festen Dachstalstraße, auf der wir einige hundert Schritte bergan bis zur Wegegabelung weitergehen. Hier an den Südhängen hat die wärmende Märzsonne schon die ersten Frühlingsblüher wie Seidelbast und Huflattich zum Erwachen gebracht.
Inzwischen sind wir auf dem 430 Meter hohen Plateau angelangt und überqueren den Holzabfuhrweg in Richtung Geislederfeld. Einige hundert Meter noch, und wir haben den eigentlichen Hauptwanderweg zur Burg Scharfenstein erreicht. Es lohnt sich hier, für einen Augenblick zu verweilen, denn über einen Kahlschlag geht der Blick nordwärts zum Leinetal bis hin zu dem im Hintergrund liegenden Harzvorland. Unser Wanderweg, an welchem wir einen alten Grenzstein mit Mainzer Rad entdecken, führt weiter ostwärts durch Misch-Hochwald bergab. Nach Überqueren der Landstraße Geisleden - Bodenrode gelangen wir in den Langen Grund. Langsam steigt nun wieder der hier durchführende Wanderweg bergan. Nach Erreichen einer Waldecke treten wir aus dem Hochwald und stehen nach wenigen Schritten in offener Landschaft vor einem kleinen Kapellchen, der Steinhagener Kapelle. Verhältnismäßig klein ist das Innere der Kapelle. Auf dem Altar brennen einige Kerzen. Über das vor uns liegende Hochplateau geht der Blick in südöstlicher Richtung bis zur Kreuzebraer Höhe mit dem 515 m hohen Hockelrain. Vor uns in einer Senke erkennen wir noch die Reste des ehemaligen Gutes Steinhagen.
Nun aber setzen wir unseren Wanderweg fort, folgen der Wegemarkierung, die an der Außenwand der Kapelle angebracht ist, und erreichen nach wenigen Metern über einen Feldweg den Waldrand. Zur Abwechslung ist der inzwischen erreichte Hochwald überwiegend mit Nadelhölzern bestanden. Wir gelangen auf eine feste Waldstraße, an deren linker Seite ein Feuermeldeturm steht.
Nach einigen Schritten, den Hochwald verlassend, sehen wir vor uns auf einer Anhöhe unser Wanderziel, die Burg Scharfenstein. Sie liegt 485 m über NN an den Nordhängen des Düns auf Muschelkalkhängen. Vor dem Eingangstor zur Burg steht eine prächtige Linde. Der Umfang ihres Stammes und ihrer Krone lässt ein Alter auf etwa 700 Jahre schließen. Über dem Eingangstor sehen wir das Mainzer Rad. Der kurmainzische Erzbischof Siegfried II. (1200 bis 1230) ließ die Burg im Jahre 1209 erbauen. 1525 wurde sie im Bauernkrieg zerstört, und 1532 wieder aufgebaut, war sie bis 1802 kurmainzischer Besitz. Seit 1945 volkseigen ist die Burg heute Erholungsheim der Werktätigen des VEB Kombinat Solidor Heiligenstadt. Von der Terrasse hat man einen herrlichen Blick Ins Leinetal mit Beuren und der Textilstadt Leinefelde sowie dem Ohmgebirge mit Schloss Bodenstein.
Nach reichlicher Besichtigung der Burg und erholsamer Ruhepause treten wir den Heimweg bzw. die Heimreise an. Über den Nordhang auf fester Straße gelangen wir nach ca. zwei Kilometer zum Ort Beuren. Von hier benutzen wir die Eisenbahn.“

Quelle: Text und Bild: Thüringer Tageblatt vom 05.04.1986, A. Montag