Aus dem Archiv: Die große Tragik einer Brandstiftung
„Das Eichsfelddorf Bickenriede nahe bei Mühlhausen wurde am 21. Oktober 1926 nachmittags von einem schrecklichen Brand heimgesucht. Das Feuer war in der Scheune des Landwirts und Fleischers Eduard Neid ausgebrochen, die inmitten anderer aneinander gelegter Scheunen stand. Die meist 100 Jahre alten Gebäude waren mit Getreide gefüllt und konnten nicht gerettet werden. Der Nordostwind begünstigte die Flammen, die sich ausbreiteten. Drei Familien wurden obdachlos. In jenen Stunden waren die Leute auf dem Felde, auch Eduard Neid, der bald als Brandstifter verhaftet wurde.
Im Dorf war bekannt, dass er total verschuldet war, dass ihm niemand mehr Geld borgte. Einmal hatte er gemeint, es sei besser, wenn der „ganze Bettel abbrennt". Auch der Brandmeister wusste, dass Neid den Strick um den Hals hatte. Neid war in Eile aufgeregt und blass vom Feld gekommen, und sein Bruder sagte ihm die Brandstiftung auf den Kopf zu, was er nicht abstritt. Der Beschuldigte war kein Trinker, für sich gab er kaum Geld aus, im Dorf hatte er einen guten Leumund. Zuletzt hatte er ein Schlachthaus angelegt, aber hatte kein Geld zum Viehkauf. Alles was er anfing, brachte ihm immer mehr in Schulden. Das war trotz Fleiß und Sparsamkeit die ganze Tragik seines Lebens.
Am 19. November 1926 hatte sich Neid beim Schwurgericht in Erfurt für seine Brandstiftung zu verantworten. Der Angeklagte erklärte, die Tat nicht in vollem Bewusstsein ausgeführt zu haben. Im Jahre 1924 habe er das Gehöft von seinen Schwiegereltern übernommen. Vieles habe er verbessert, so auch eine Fleischerei eingerichtet. Das Schwurgericht verurteilte Eduard Neid zu einer Zuchthausstrafe von fünf Jahren und 10 Jahren Ehrverlust. Das Urteil dürfte als abschreckendes Beispiel wirken für alle, die auf den Gedanken kämen, ihre heikle Vermögenslage wieder zu verbessern, meinte die Presse.“
Quelle: Allgemeiner Anzeiger vom 25.01.2006, tz – Bild: Otto Thomasczek Bickenriede um 1900