© www.schuster-heiligenstadt.de
Direkt zum Seiteninhalt
Aus dem Archiv: Die beiden Burgen zu Rüdigershagen
Heiligenstadt im Eichsfeld
Veröffentlicht von Thomas Schuster in Eichsfeld · Sonntag 30 Jun 2024
Tags: Rüdigershagen
oder: Die beiden Burgen zum Heinichen unter dem Düne.

„So nennt diese alten ehemaligen festen Schlösser derer von Hagen oder von Hain die Chronik von Mühlhausen, aus welcher in seiner Abhandlung vom Jahre 1900 der Professor Dr. Jordan das Nachstehende berichtet. In der Chronik heißt es:

„Vor diessen zeit waren twey feste Schlosse zum Heinichen, eines bober, eins unter dem Dorff, darauf die geuettern (Vettern) vom Heine wonten, auch waren die auf der ober burgk denen von Mulhausen entgegen, die andern aber hielten es mit inen, vndt bothen sie auf ein Zeit, nemblich im Jahr 1313 zue Kirmeß mit dem Landtgrauen (Landgrafen) vndt den Grauen von Schwarßburgk vndt den zwelff Conservatoren des friedens in Duringen (Thüringen), vnd dießen Allen thaten sie beistandt, das die Oberburgk belagert, erobert, zerrissen vndt ire Vettern gefangen wurden, welche auch solche, nimmer zu rechnen denen von Mulhausen ire briffe geben musten, wie oben bei demselben Jahre angezeiget“ -

„Im Jahre 1340 wurden die vom Heine auf der vnter burgk zum Heinichen auch der von Mulhausen feinde. Da zogen die von Mulhausen daruor, belagerten vndt eroberten das Hauß, zerbrachen's vndt machten einen entlichen Vertrag mit allen denen vom Heine, das sie nimmer ire feinde werden solten; gaben dem Rathe dessen ihre briffe, …“

„… Vndt von dissen Heinen seindt die zu Dhuna, Alten-guttern vndt Quedlinburg; das sie aber gant veigte (verschiedene) wapen füren, sagen sie, sey disse vrsache, das vorzeitten einer vom Heine ein weib gehabt, welche die letzte in irem geschlechte gewesen, die habe ahn iren todtbette von irem manne erbeten, das ehr ir wapen ahnneme vndt seines fallen laßen wolte, darmit es nicht verginge, welches ehr also gethan. Ob nun das mit dem fischangel oder das mit der schere älter, ist vngewiß vndt welches vnter den beiden das rechte sey er vom Heine.

Der vorzügliche Kenner und Forscher der eichsfeldischen Geschichte, Levin Freiherr von Winkzingerode-Knorr sagt in dem von ihm bearbeiteten Werke:  „Die Wüstungen des Eichsfeldes“ herausgegeben von der Historischen Kommission für die Provinz Sachsen im Jahre 1903 über Rüdigershagen das Folgende: Das jetzige Dorf Rüdigershagen, Kreis Worbis, in oder bei welchem man ein castrum Superius und ein castrum inferius in indagine unterschied, und für welches sich der Name Rüdigershagen oder Rüdigershain zwar schon in den Pfandverträgen findet, welche Herzog Heinrich von Braunschweig 1342, Februar 20. mit dem Erzbischofe Heinrich III., später auch mit Gerlach von Mainz zu Duderstadt und Amenenberg schloß, aber erst vom 17. Jahrhundert an allgemein gebräuchlich wird. Ganz vergessen ist der Name „Hagen“ noch heute nicht. Noch immer wird vom Landvolke unter „Hagen“ Rüdigershagen verstanden.

Von den beiden Burgen am Orte, welche sich anfänglich wohl im Besitze des Reiches, später der Welfen befanden und in der Lokalgeschichte eine nicht ungewöhnliche Rolle spielen, ist die eine, das „castrum superius“ vollständig verschwunden, so daß der Platz, welchen es einnahm, nicht mit Sicherheit zu bestimmen ist. Die Einen behaupten, das castrum habe auf einem im Südosten des Dorfes sehr steil nach diesem abfallenden, jetzt mit Fichten bestandenen Vorsprunge des Dün gelegen, an dessen Fuß sich das Dorf anlehnt, während andere das Schloß in dem kleinen bis hart an die Häuser des Dorfes zwischen diesem und der in ausgedehnten Schlangenlinien den Berg hinaufgeführten chaussierten Straße nach Mühlhausen liegenden Wäldchen und auf dem an dieses stoßenden Dorfangers suchen.

Der Bearbeiter hält die letztere Ansicht für die richtigere, da nur dann, wenn das Oberschloß an dem letztgedachten Platze lag, eine zweckmäßige Verbindung beider Schlösser möglich war. An die Stelle des unteren Schlosses ist das jetzige Rittergut getreten, in dessen fast bis an den Anger reichenden Garten noch die Trümmer eines runden Turmes - vielleicht des ehemaligen Bergfriedes - sich befinden, durch welchen eine Verbindung mit dem Oberschloß möglich war.

Auf beiden Schlössern saßen lange Jahre Mitglieder des weitverzweigten Reichsministerialengeschlechtes de Indagine als kaiserliche Lehnsleute oder als Vasallen oder als Pfandbesitzer, dessen Mitglieder sich auch unter den Burgmännern des kaiserlichen Schlosses bei der Reichsstadt Mühlhausen finden. Dieses Geschlecht, dessen Wappen einen oder auch zwei Angelhaken - gleich dem der Ryme, Minnigerode – zeigt, befindet sich bis zum Ende des 14. Jahrhunderts im Besitze des Dorfes und zeitweise beider Schlösser, während neben ihm noch Mitglieder eines anderen Geschlechtes de Indagine, vielleicht als Burgmänner der unteren Burg, auftreten, welche in ihrem Wappen einen springenden Leoparden führen und jedenfalls die Vorfahren der später „von Westernhagen“ genannten Personen sind.

Vom 15. Jahrhundert an wird als Besitzer von Rüdigershagen ein drittes Geschlecht von Hagen genannt, deren Nachkommen noch heute in diesem Besitze sind. Dieses Geschlecht führt eine Schafschere im Wappen, gleich den dapiteri de Slatheim und den von Marschall.

Die Streitigkeiten, in welche die Stadt Mühlhausen wegen der um das Jahr 1256 erfolgten Zerstörung der kaiserlichen Burg daselbst, beziehungsweise der Sitze der in der Burg wohnenden kaiserlichen Ministerialen, mit den letzteren und so auch mit den de Indagine geriet, zogen die Zerstörung des castrum Superius in indagine nach sich.

In der Mühlhäuser Chronik heißt es hierüber:  „Nach der Zerstörung der Burg bei Mühlhausen (Hainerburg) verkauften einige der Ganerben ihre Burgsitze an die Stadt; die von Hagen jedoch zogen sich grollend auf ihre Besitzungen im Eichsfelde, auf die Schlösser zu Rüdigershagen zurück und setzten von hier aus die Fehden gegen die Mühlhäuser fort.“

© www.schuster-heiligenstadt.de

Quelle: Max von Westernhagen: „Geschichte der Familie von Westernhagen auf dem Eichsfelde“ – 1909 (Reprint 2003) – Bild: Rittergut Rüdigershagen um 1910 – hier stand der Unterwall (bearbeitet) © Thomas Schuster Heiligenstadt


Zurück zum Seiteninhalt