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Aus dem Archiv: Die Allerburg
Heiligenstadt im Eichsfeld
Veröffentlicht von Thomas Schuster in Eichsfeld · Samstag 27 Jul 2024
Tags: AllerburgBockelnhagen
„Nur die letzten Reste einer einzigen Mauer, welche die Gipfel der Bäume überragt, ist von der Allerburg übrig geblieben. Alles andere ist in Schutt und Staub versunken. Auf der steilen Kuppe eines bewaldeten Berges hat einst das Schloß gestanden, welches das Geschlecht der Rieme oder Corrigia erbaut haben soll und Jahrhunderte bewohnte und welches, wie noch deutlich zu erkennen, aus einer Unter- und einer Oberburg bestanden hat, ebenso wie es mit der Burg Hagen bei Rüdigershagen der Fall war. In grauer Vorzeit, bereits zu Karls des Großens Zeiten, soll, wie die Sage berichtet, das Schloß an der Eller nahe dem Dorfe Bockelnhagen, ungefähr 1 ½ Meile von Duderstadt entfernt, von dem alten Rittergeschlecht der jetzigen von Minnigerode erbaut worden sein. Urkundlich ist jedoch hierüber nichts vorhanden. Und so bleibt auch die Entstehung dieser Burg in ewiges Dunkel gehüllt, um so mehr als sich das Bestehen einer Burg auf dem Allerberge nicht vor der Mitte des 13. Jahrhunderts nachweisen läßt. Erst um die Mitte des 13. Jahrhunderts, als der Ritter Johann Rieme von der Äbtissin von Quedlinburg mit den Dörfern Minnigerode dicht nördlich Duderstadt und dem nahe dabei gelegenen Dorfe Breitenberg beliehen worden war, nannte sich das alte Rittergeschlecht, der Sitte der damaligen Zeit gemäß, nach ihrem Wohnsitze „de Munnigerod (Minnigerode)“. Dieser Name ist von der noch jetzt auf dem Eichsfelde blühenden Familie beibehalten worden bis auf den heutigen Tag, obwohl das Dorf Minnigerode im Jahre 1368 als Quedlinburgisches Lehn aus dem Besitz der von Minnigerode in den der Stadt Duderstadt überging.

Neben dem Namen „de Munnigerod“ nannten sich aber auch noch während des 13. Jahrhunderts Zweige dieses Geschlechtes mit dem alten Namen de Corrigia oder nach ihrem Wohnsitze „Esplingerode“ nahe westlich Minnigerode „de Espelingerod“. So sehen wir z. B. in der Urkunde von 1261, als Günzel von Bodenhausen dem Kloster Beuren die Hälfte vom Grund und Boden der Kirche zu Teistungenburg verkauft, unter den angeführten Zeugen neben den Rittern Conradus et Hermannus ef filius des letzteren Bruno de Indagine (Westernhagen) einen „Bertholdus in Minnighgerode.“

So waren ferner im Jahre 1283 in octava sancti Martini, als Hugo de Marche den größten Teil seiner Güter in Teistungen an die Ritter Conradus et Hermannus de Indagine (Westernhagen) verkaufte, unter den Zeugen: „Hedhenricus Corrigia“, „Theodericus de Espelingerod“ und „Hartmannus de Munnigerod“.
Die von Minnigerode hatten zu dieser Zeit ebenfalls Güter in Teistungen, welche sie 1283 an Conrad von Hagen verkauften.

1289 starb zu Salz der Helden in Hannover Johann von Minnigerode und wurde in dem Kloster Wiprechtshausen begraben, wofür dieses zwanzig rheinische Goldgülden, ein Pferd und einen silbernen vergoldeten Kelch, auf welchem die Wappen derer von Minnigerode und von Heger (Häger) eingegraben waren, erhielt; denn seine Gemahlin war aus dem Geschlechte derer von Heger. Es wird daher angenommen, daß mit den „Heger“ die Hagen (Westernhagen) gemeint sind; denn noch heutigen Tages heißt eines der ältesten früheren Rittergüter der von Westernhagen in Berlingerode, welches der Burg Hagen (Westernhagen) am nächsten lag, die „Hägeroder Hegerburg“ ebenso wie eine zu der Burg gehörige Warte die „Häger oder Heger-Warte“ genannt wurde. In der folgenden Zeit sehen wir die Allerburg im Besitz verschiedener Herren, hauptsächlich des Grafen von Honstein, welcher ein Viertel des festen Schlosses im Jahre 1350, Februar 28. an die Gebrüder Heinrich, Burchard und Tile von Westernhagen („thy dem Westernhayn“); ferner an den Ritter Dyderich sowie seine Vettern Tyle und Otto von Kerstlingerode und die Stadt Dudenstadt für 140 Mark Silbers Duderstädter Währung versetzte.

Die genannten Edelleute bekennen, daß ihnen von dem Pfandgelde nur 90 Mark und die übrigen 50 Mark der Stadt Duderstadt zustehen. Sie räumen der Stadt das Recht ein, sich an dem verpfändeten Viertel des Schlosses mit ihnen zu gleichen Teilen zu beteiligen und wollen mit der Stadt die 6 Mark teilen, welche ihnen der Graf von Honstein alljährlich auf St. Michaelistag zu zahlen gelobt hat. Nachdem Bestimmungen wegen Kündigung der dem Grafen von Honstein auf das verpfändete Viertel des Schlosses geliehenen 140 Mark Silbers getroffen, geloben Aussteller, etwaige Streitigkeiten zwischen ihnen und der Stadt durch ihre beiderseitigen Freunde schlichten zu lassen. Über diese Verhandlung stellen sie einen Revers aus und sowohl Heinrich von dem Hayn (Westernhayn) wie Dyderich von Kerstlingerode hängen zur Bekräftigung ihre Siegel an, gleichzeitig für ihre Vettern und Erben. Hierauf wechselte der Besitz der Allerburg mehrfach zwischen dem Landgrafen von Hessen, dem Herzoge von Braunschweig und dem Grafen von Honstein und finden wir verschiedene Ritter als Burgmannen auf derselben; so 1374 die von Uslar, 1375 die von Wintzingerode, 1397 die von Gerterode, 1398 die von Espelingerode (Minnigerode), 1407 die von Osterode und 1410, Mai 26. Heinrich von Rorungen, welcher bekennt, daß der Landgraf Heinrich von Hessen ihm sein Schloß Allerberg nach Ausweis einer Urkunde als Amtmann auf drei Jahre übergeben hat, daß er das Schloß getreulich bewahren, als Steuer jährlich 50 Gulden und 50 Viertel Korns in Northeim liefern und nach Ablauf von drei Jahren dasselbe dem Landgrafen wieder zurückgeben will. Als Bürgen für die Haltung des gegebenen Versprechens treten auf: Die Edelherren zu Plesse, Hans von Babintzen, Hans von Gladebeck, Hans von Rorungen, Hildebrand von Hardenberg und „Burghard von deme Hagen (Westernhagen)“.

Das von letzterem angehängte Wappensiegel zeigt einen nach rechts aufspringenden Leoparden, Nach vielen Streitigkeiten und wechselndem Besitz kam dann die Allerburg an den Grafen von Schwarzburg, welcher dieselbe 1435 an die ursprünglichen Besitzer, die von Minnigerode, als Lehen vergab. 1463 wurde Hans von Minnigerode nochmals mit zwei Teilen derselben beliehen. Dieser Hans von Minnigerode wird von alten Chronisten als ein überaus tapferer und wackerer Ritter geschildert. Er hatte Magdalenen von Westernhagen zur Hausfrau genommen und dieser Ehe entsprossen drei Söhne, welche alle drei den Vornamen „Hanns“ führten. Im Bauernkriege 1525 wurde die Allerburg vom Bauernheere eingenommen und ausgebrannt. Obwohl wieder repariert, ist sie jedoch nie wieder zu ihrer früheren Bedeutung gelangt. Als Lehen der Grafen von Schwarzburg ist sie den von Minnigerode geblieben, deren Stammgüter mit dem Allerburgschen Gesamtgericht und dem Sitz desselben in Bockelhagen in der Nähe der Burg liegen. Die wenigen Überreste derselben aber befinden sich noch heute im Besitze der Familie von Minnigerode, deren Vorahnen die Burg in uralter Zeit erbaut haben sollen.“

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Quelle: Max von Westernhagen: „Geschichte der Familie von Westernhagen auf dem Eichsfelde“ – 1909 (Reprint 2003) – Bild: 2013 Neubau aus dem letzten Jahrhundert.  Die Überreste der Allerburg sind verschwunden. © Thomas Schuster Heiligenstadt


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