Aus dem Archiv: Der Heimenstein
Der Oberlehrer, Heimatforscher und Abgeordneter der Nationalversammlung Heinrich Waldmann schreibt über den Heimenstein:
„Sonderbarerweise nennt man seit einer Reihe von Jahren den nordöstlichen Theil von Heiligenstadt den Hermannstein, da doch die im Munde des Volkes noch fortlebende Benennung „Heimenstein“ die allein richtige ist. Dieses ist leicht zu zeigen.
1. Da der Name in ältern eichsfeldischen Urkunden nicht vorkommt, so muß man sich an fremde Berichte halten. Ein solcher findet sich in: Zeit- und Geschichtsbeschreibung der Stadt Göttingen 1734: „Als etliche Priester von Rom S. Nikolai Heiligthum bis gegen Heiligenstadt gebracht zu St. Nikolaum vor dem Heunenstein eine Kirche gebaut …“
Johann Wolf, der ohne Weiteres Heimenstein für Heunenstein gesetzt hat. „Mit vollem Rechte; denn Heunenstein konnte aus Heimenstein, nicht aber aus Hermannstein entstehn.“
2. Im hiesigen Lagerbuche von 1671 steht durchgängig Heimblstein, aber auch Hüchelheimb, der damaligen Schreibweise gemäß, die den Aktuar Hartmann, der das Lagerbuch schrieb, auch zwang aus Heimbnstein zu machen Heimblstein.
3. In dem Bericht von Wisse über den Brand von 1739, welchen die Eichsfelder Volksblätter veröffentlicht haben, steht überall Heimenstein.
4. Der Geschichtsschreiber von Heiligenstadt Wolf und der Zeichner des dem Werke desselben beigefügten Grundrisses der Stadt, der Direktor des hiesigen Gymnasiums Lingemann, kennen nur den Heimenstein. Nimmt man dazu, daß der alte Name Heimenstein durch die lebendige Überlieferung erhalten worden ist, so weiß man gar nicht, was für Rechte der Hermannstein geltend machen will.
In der That sind auch die ältesten Urkunden, in denen er erscheint, die jüngsten Straßenbleche, auf denen er zuerst figurirt; er verdankt sein Dasein nur der ganz grundlosen Scheu, durch eine Form des Volksdialektes das Hochdeutsche zu verunzieren. Wir können es getrost thun, der Dichter thut es auch:
Auf dem hellen Heimenstein
Nehmen sie den Baulohn ein;
Maurer, Steinmetz, Zimmerknecht,
Jedem widerfährt sein Recht.
So G. Schwab in dem Gedicht: der Bau des Reißensteins. Wie in diesem von einem Riesen Heimo die Rede ist, so knüpft sich auch an die Heimenburg bei Brauweiter die Sage von einem gewaltthätigen Heimo. Ein Heimenberg liegt in Holland. An dem Riesenhause, einem Bauernhause in Tirol, sind zwei Riesen abgebildet, einer heißt Heymo.
„Ihm (dem Heimo) werden ausdrücklich drei Hände und vier Elnbogen oder zwei Hände mit drei Elnbogen beigelegt.“ … Demnach kann kaum ein Zweifel sein, daß der Name Heimenstein die letzte Erinnerung an einen Helden oder Riesen Heimo enthält, der in der Urzeit da seinen Sitz hatte, wo jetzt die Klauskirche steht, vor der Erbauung der Stadt aber wilde Felsmassen emporstarrten, an deren Fuße die damals noch ungetheilte Geislede vorüberbrauste. Später wurde dann an die Stätte des Heidenthums, wie an so vielen andern Orten, eine christliche Kirche gesetzt, hier die des hl. Nikolaus, dem seit dem 11ten Jahrhundert in Worms, Mainz, Eisenach, Göttingen und Mühlhausen gleichfalls Kirchen errichtet wurden.“
Der Heimatforscher Montag schreibt, dass in alten Schriften der Ort auch plenus fons genannt werde. In den Schriften Wolfs finden wir Fulenborn und Fullenborn.
Quelle: Heinrich Waldmann: „Eichsfeldische Gebräuche und Sagen“ - 1864 - Bild: Heimenstein in den 1920er Jahren